Affen sind die besseren Menschen

Ein Fotoshooting für die KRONEN ZEITUNG mit Buchautor Thomas Brezina und Gut Aiderbichl Botschafterin Sonja Klima, kürzlich im Gut Aiderbichl Affen-Refugium im ehemaligen Safaripark Gänserndorf, machte einmal mehr deutlich, was ich bereits auf vielen meiner Tauchreisen leidvoll feststellen musste: Der Mensch ist die Bestie und kann trotz seiner vermeintlich hohen Intelligenz, seiner kognitiven Fähigkeiten und seines Denkvermögens keinem noch so kleinen Tier dieser Erde das Wasser reichen. Denn was der Homo sapiens Tieren an Grausamkeiten antut, dazu ist kein anderes Lebewesen fähig.

Die Geschichte der Schimpansen von Gut Aiderbichl stimmt traurig und fröhlich zugleich. Weil sie der Beweis ist, dass unsere „Verwandtschaft“ nicht nachtragend ist und vergeben kann, was sie wesentlich von uns Menschen unterscheidet. Denn in Anbetracht der Qualen, die die heutigen Aiderbichl-Schimpansen dereinst als Laboraffen ertragen mussten, hätten sie wahrlich allen Grund auf uns Menschen stinksauer zu sein – für immer.

Oder wie würdest Du reagieren, wenn Du über zig Jahre in Isolation ohne Tageslicht und jeglichem Kontakt zu Artgenossen in engen Käfigen, in denen man nur in gebückter Haltung „aufrecht“ auf dem Gitterrost stehen kann und die einzige Abwechslung die tägliche Essenszufuhr durch eine Klappe darstellt, Dein Dasein fristen und – weil ja für den Menschen im Dienste der Pharmaindustrie etwa mit HIV oder Hepatitis infiziert – grauenhafte Versuche an Dir ertragen musst? Genau, der Mensch würde ob dieser Qualen seinen Peinigern nur schwer vergeben können bzw. unzählige Therapiestunden zur Trauma-Bewältigung und Heilung der Wunden benötigen.

Heilbar sind die tiefen Wunden und Psychotraumata, die den ehemaligen Laboraffen „für die Wissenschaft“ zugefügt wurden nicht, aber sie rücken dank einer liebevollen und artgerechten Betreuung durch das Gut Aiderbichl im Laufe der Zeit mehr und mehr in den Hintergrund. Womit diesen wunderbaren Tieren in ihren späten Jahren doch noch ein glückliches Schimpansen-Leben unter ihresgleichen möglich gemacht wird.

Ein Spitzbub als Fotomodell

Die Aiderbichl Schimpansen sind in ihrer nun heilen Welt angekommen, und sind, wie es scheint, nicht nachtragend oder einfach nur die besseren Menschen.

Berührungsängste oder Aggressionen dem Menschen gegenüber zeigt unser „Fotomodell“, der keck Grimassen schneidende und fröhliche Kerl während unsers Shootings nämlich keine. Auch die trennende Fensterscheibe stört ihn kein bisschen, es schaut fast so aus, als wäre sie für ihn gar nicht da. Er mag einfach nur spielen und macht alles was man ihm vorzeigt, „lachend“ bereitwillig nach. Die Interaktion mit seinem Gegenüber – mit Thomas Brezina und Sonja Klima – macht ihm sichtlich Freude und wäre nicht das Glas dazwischen, wer weiß was dem Spitzbuben alles einfiele. Er fährt nämlich, wie die Betreuerin lachend erzählt, auf alles, was glitzert so richtig ab und ist auch sonst für manchen Schabernack zu haben.

Ob alle Aiderbichl Schimpansen so aufgeweckte, freche Burschen sind, und ob die vormalig in Einzelhaft dahinvegetierenden Tiere ganz ihrer natürlichen Art entsprechend nun in ihrem 2000 qm großen Außengehege wieder entspannt im Rudel leben, will ich noch wissen.

Jein, weil die Resozialisierung bis an ihr Lebensende andauern wird.

Denn auch wenn mittlerweile die meisten Schimpansen wieder in der Gruppe leben und sich in ihrem neuen Zuhause auch wohl fühlen, haben sich die ihnen zugefügten grausamen Wunden tief in ihren Seelen eingebrannt. Womit die Tiere von offen und fröhlich bis misstrauisch und zurückhaltend unterschiedlich umgehen.

„Es ist schon erstaunlich, dass uns die Schimpansen nach alldem noch kennenlernen wollen. Aber sie schauen immer nach vorne – etwas, dass wir Menschen von ihnen lernen können,“ so Renate Foidl, Leiterin des Affenrefugiums

Buchtipp

Das neue Buch von Thomas Brezina „Na und sprach der weiße Schimpanse – Eine Geschichte über das Vergeben“ zeichnet mit einfühlsamen Worten den Weg der ehemaligen Laboraffen zurück in ein ihrer Art entsprechendes freudiges und schönes Leben, das ihnen im Gut Aiderbichl Affenrefugium zuteilwird.

Hauptfigur ist ein weißer weiser Schimpanse, der dem wütenden und frustrierten Rudel mit Humor den Weg in eine Zukunft ohne Rachsucht und Aggression zeigt. Denn wer vergeben kann, wird nicht von der Vergangenheit bestimmt und frei und glücklich sein. Und diese klugen Worte haben nicht nur für den ertragenen Leidensweg der Schimpansen Gültigkeit …

Thomas Brezina: „Na und, sprach der weiße Schimpanse“, erschienen im edition-a Verlag, ISBN 978-3-99001-720-3

Tag der offenen Tür

Am 09. Juni 2024 öffnet das Gut Aiderbichl Gänserndorf von 10:00 bis 17:00 Uhr seine Pforten. In dieser Zeit kann das ansonsten nicht öffentlich zugängige Affen Refugium kostenfrei besucht werden, das Mitnehmen von Hunden ist nicht erlaubt. Über Spenden freuen sich neben den Schimpansen noch viele andere gerettete Tiere wie Füchse, Tauben, Papageien, Ponys, Esel und Katzen, die im Gut Aiderbichl Gänserndorf ihr Zuhause gefunden haben. Infos zum Tag der offenen Tür.

Unterstützen Sie die Affen von Gut Aiderbichl ganzjährig.
Mehr dazu unter: www.gut-aiderbichl.com

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