Damit dem Paradies nicht die Luft ausgeht!

Wie viel Luxus verträgt das Paradies? Eine Frage, die sich wohl sehr viele Liebhaber der Malediven ob der immer mehr werdenden Ultra-Highend-Resorts in diesem Bilderbuch-Reiseziel stellen. Warum man genau JETZT das Bewusstsein für einen sanfteren und nachhaltigen Tourismus schärfen muss, damit diesem heiklen Ökosystem nicht die Luft ausgeht, soll auch mein Projekt „Fuvahmulah – Eldorado der Tigerhaie“ zeigen.

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt die Inselwelt der Malediven für die breite Masse als exotischer Geheimtipp und fast unerreichbares Reiseziel. Von bis auf den letzten Platz gefüllten Großraumflugzeugen nahezu aller gängigen Airlines, die mittlerweile fast im Stundentakt auf Malé landen und dem Inselstaat mit den fliegenden Massen eine florierende touristische Wertschöpfung bringen, war in den 1980er und 90er Jahren noch keine Rede. Die Malediven zählten damals noch zu den ärmsten Ländern der Welt, heute, mit weit mehr als einer Million (Luxus)Urlaubern pro Jahr, rangiert das flächenmäßig kleinste Land Asiens laut Weltbank im mittleren Einkommenssegment.

Für Taucher waren die 26 Atolle, um die sich auf einer Fläche von 870 Kilometern rund 1.200 Inseln im Indischen Ozean ringförmig verteilen, mit ihrer bunten, faszinierenden und intakten Unterwasserwelt das absolute Nonplusultra.

Von den heute rd. 100 touristisch mit allem Schnick-Schnack erschlossenen Resort-Inseln war man damals auch noch weit entfernt und Tauchbasen gab es auch nur auf einigen wenigen für Gäste erschlossenen Inseln. Heute gibt es allein nur von PADI mehr als 170 betriebene, davon mit 55 die meisten im Nord-Malé-Atoll. Schon das macht die Dimension der Entwicklung im Tauchbereich deutlich.

Maledivs, you have a problem!

Die Luxus-Hotellerie – was man heute darunter versteht – steckte ebenfalls noch in den Kinderschuhen. Auf nur wenigen Inseln gab es Süßwasser zum Duschen bzw. Poolanlagen für die Allgemeinheit. Wozu auch, man hatte das unendlich große „Pool“ vor der Zimmertüre, von der man direkt ins kristallklare und herrlich warme Wasser „stolperte“. Man brauchte nichts außer ein paar Schlapfen – eigentlich ging man barfuß – Badeklamotten und fürs Abendessen unterm Sternenhimmel ein luftiges Sommerkleid bzw. für den Herrn ein Paar Shorts plus lässigem T-Shirt. Niemand brauchte 16 Meter lange Süßwasser-Pools, Wasservillen plus Wasserrutsche, die vom seidigen Himmelbett direkt ins türkisfärbige Nass führt und keine vollklimatisierten Badezimmer. Auch kein schwimmendes Frühstück, das vom persönlichen Butler im privaten Infinity-Pool „serviert“ wird und auch keine sternegekrönten Unterwasser-Fine-Dining Konzepte. Es waren schlicht die Einfachheit und Verbundenheit mit und zur Natur, gepaart mit gutem Hotel-Standard, die die Inseln auszeichneten und einen unvergleichlichen Urlaub mit viel Robinsonflair garantierten.

Heute übertrumpfen sich Sechs-Sterne-Luxusresorts und rittern mit einem Ultra Luxus Angebot, das keine Wünsche offenlässt, um die zahlungskräftige Klientel. Diese Entwicklung macht etwas mit dieser wundervollen Welt im Indischen Ozean, denn die Malediven entwickeln sich vom exotischen Geheimtipp und Traumziel für Taucher – man muss es leider sagen – immer mehr hin zu einer Destination, die ihren USP beginnt zu verlieren. Eine hochstehende Hotellerie und Gastronomie am weißen von kristallklarem Wasser umspülten Puderzuckerstrand sind nämlich längst keine Alleinstellungsmerkmale mehr und reichen im internationalen Wettbewerb nicht mehr aus, um auf der großen Reiselandkarte ein Fixstern zu bleiben. Addiert man dann noch die (Aus)Nutzung der sowieso spärlich vorhandenen natürlichen Ressourcen wie Süßwasser und die durch die Tourismusströme massiv befeuerte Müllproblematik dazu, würde ich sagen:

Maledivs, you have a problem!

Die Sache mit der Zitrone

Wie viel Luxus verträgt also ein Urlaubsparadies wie die Malediven (noch)? Am Beispiel von Fuvahmulah lässt sich die Problematik des Inselstaats glaube ich ganz gut erklären. Denn Fuvahmulah ist KEINE Resort-Insel, sondern eine Einheimischen-Insel mit eigenem Flughafen, der von Air Maldives mit der Hauptstadt und dem internationalen Flughafen Malé regelmäßig angeflogen wird. Mit der Tigerhai-Population und einer einzigartigen Unterwasserwelt gilt Fuvahmulah unter Tauchern als absoluter Hotspot, was auch die Tauchbasen rasch mehr werden ließ. Es folgt(e) – fast logisch – eine Expansion des Hotel- und Guesthouseangebots im Vier- und Fünf Sterne Bereich, alleine nur auf booking.com finden sich zehn Anlagen. Für die Menschen auf „Fuvah“ ist die touristische Entwicklung natürlich ein Segen, denn mit den Tauchfreaks – man muss schon ein bisserl verrückt sein, wenn man mit Tigersharks auf Tuchfühlung geht – kam auch ein gewisser Wohlstand auf die Insel. Tourismus schafft Arbeitsplätze, bringt Wohlstand und schafft Schattenseiten.

Der Fischfang – für die Malediver eine wichtige Lebensgrundlage – ist gerade für Fuvahmulah ein nicht wegzudenkendes wirtschaftliches Standbein. Um aber ertragreiche Fänge einzufahren, müssen die Fischer immer länger und weiter hinaus aufs Meer, Thunfische werden rarer, dafür verfängt sich immer öfter unverrottbarer Plastikschrott in den Netzen. Und der setzt dem sensiblen Ökosystem – nicht nur auf den Malediven – immer mehr zu.

Der Tourismus hat die Malediven also wohlhabend gemacht, oder vielleicht doch nur die internationalen Luxusbrands und deren Aktionäre? Schließlich verdienen diese auf den Puderzucker-Resort-Inseln gutes Geld, sind beim „Zurückgeben“ an die Ressource aber vergleichsweise noch viel zu sparsam.

Eine Zitrone kann man halt auch nur so lange auspressen, so lange sie eben Saft gibt. Diese Weisheit mag zwar simpel erscheinen, versinnbildlicht aber den Fortbestand des Paradieses – so wie wir die Malediven jetzt noch kennen – und macht das am Horizont aufsteigende düstere Bild transparent.

Es ist dringende an der Zeit für nachhaltiges und umweltbewusstes Denken und Handeln und für Urlaub mit Hirn – ober und unter Wasser – auf den Malediven und der ganzen Welt!

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