(M)ein Dackel macht sich Gedanken
Wien ist eine hippe, moderne und dennoch traditionelle Stadt und darf sich seit ein paar Jahren immer wieder als die lebenswerteste Stadt der Welt rühmen. Auch für uns Vierbeiner, uns geht’s in dieser imperialen Metropole nämlich wirklich gut. Wären da nicht die ewigen Gackerlignoranten am anderen Ende der Leine …
Von Gackerlignoranten und Wau-Wau Experten
Gestern hat’s mir wieder einmal die Sicherungen durchgehaut. Da liegt ein Haufen größer als der andere, mancher sogar noch dampfend, in „meinem“ kleinen Grünstreifen und lässt mich im strömenden Regen zwischen diesen mächtigen Hinterlassenschaften meiner Artgenossen tempelhüpfend ein freies Platzerl für mein morgendliches Lackerl suchen. Da vergeht einem wirklich alles, und was sich am anderen Ende meiner Leine verbal ziemlich lautstark äußert, möchte ich als gut erzogene Dackeldame hier lieber nicht wiederholen. Wobei, mein Frauerl, die immer mit einem bunten Sackerlvorrat für mein Mini-Gackerl ausgerüstet ist, hat schon recht, wenn sie wie ein Rohrspatz über ihre Artgenossen schimpft. Ja genau, über die Zweibeiner, denn wir Vierbeiner können nichts für das (Fehl)Verhalten unserer Menschen und machen nur das, was wir tun müssen. Was wir aber sind, wir sind, was die Kontrolle des natürlichen Drangs betrifft, durchaus lernfähig und auch -willig. Nur erfordert das halt Übung und ein bisserl Geduld vom anderen Leinenende, da ist das Sackerl sicher das probatere Mittel für den hündischen Verdauungsprozesses …
Und weil wir eben nicht aufs Topferl gehen können, hinterlassen wir unser kleines und großes Geschäft – weil ungelernt – in freier Natur wo es uns grad gefällt. In der fixen Annahme und stillen Hoffnung, dass am anderen Ende der Leine ein verantwortungsbewusster Mensch – wie mein Mensch – unsere Verdauungsrückstände in ein Sackerl – Farbe egal – packt und im Mistkübel, die es in Wien wirklich an jedem Hauseck gibt, entsorgt. Damit Wien auch weiterhin eine schöne, hippe und lebenswerte Stadt bleibt.
Ganz ganz viele tun das auch, gar nicht so wenige eben nicht, aber vielleicht ka… die zu Hause ja auch auf den Teppich, denk ich mir und schieb diesen grässlichen Gedanken gleich in ein Sackerl …
Gute Idee oder viel heiße Luft
Die Krux an der Geschicht ist, dass alleinig wir Vierbeiner die Krot für den liegengelassenen Kot fressen und uns von den Nicht-Hunde-Zweibeinern oft ziemlich wüst beschimpfen lassen müssen. Für etwas, was überhaupt nicht in unserem Kompetenzbereich liegt und von Natur aus sowieso alternativlos ist. Denn raus muss raus.
Ich versteh den Groll und Zorn, mir geht’s ja nicht anders. Aber ehrlich, was sollen wir Hunde tun? Unsere Besitzer ins Wadel beißen oder besser, gleich von Haus aus ins Sackerl sch….
Weil das nicht geht, schickt die Stadt Wien seit kurzem Hunde-Expertenteams ins Rennen, damit die Hunde-Pro- und Kontra-Fraktion im urbanen Raum künftig besser miteinander auskommt. Da geht’s natürlich vorrangig um die vielen Regeln, die ein Hundehalter für sein Wauzi einzuhalten hat, und dazu gehören neben Leinen- und Beißkorbpflicht, gechippt und versichert zu sein und natürlich brav Steuer fürs Hunderl zu bezahlen, auch das Sackerl fürs Gackerl des Lieblings auf vier Beinen.
Durchaus eine gute Idee und den Versuch mit Sicherheit wert. Nur ob Wiens Wau-Wau Experten den schlechten Ruf der vermeintlich überall hinkackenden besten Freunde des Menschen wirklich am Hundeplatz in einem amikalen Gespräch verbessern und die Gackerlignoranten von der Sinnhaftigkeit des Sackerls und einem damit verbundenen möglicherweise harmonischeren Miteinander überzeugen können? Oder bleibt’s bloß bei viel heißer Luft, die man ja bekanntlich auch in ein Sackerl reden kann …
Info
In Wien gibt es fast 4.000 Gackerl-Sackerl-Spender und mit Sicherheit noch viel mehr Mistkübel für die Hinterlassenschaften der mehr als 57.000 Wiener Wuffis, die sich in 200 Hundezonen- und Auslaufplätzen ordentlich austoben können.
Infos unter www.wien.gv.at