Russell Crowe & die Hinz & Kunz Fotografen
Was unterscheidet eigentlich Fotografen von Fotografen? Oder um es mit Russell Crowe zu sagen: „Es gibt viel zu viele, die Paparazzi spielen, ohne welche zu sein“.
Gleich vorweg, ich übe keine Kritik, weil der Unterschied zwischen einem echten Fotografen und jenen, die sich als solche bezeichnen, obwohl sie nicht mal ansatzweise um die Basics dieses Handwerks wissen, sicher nicht nur für Russell Crowe und mich auf der Hand liegen. Der Hollywoodstar brachte nämlich die Problematik, mit denen gelernte Berufsfotografen schon seit längerem in der hoch digitalisierten Welt und nun auch noch mit KI-Anwendungen konfrontiert sind, auf den Punkt:
„Gegen Fotografen habe ich nichts, nicht einmal gegen Paparazzi. Aber es gibt viel zu viele die Paparazzi spielen, ohne welche zu sein. Bei den echten weißt du wenigstens: Okay, die haben einen Job und leben davon, aber die anderen sind irgendwelche dummen kids, die zu Weihnachten eine Kamera bekommen haben, auf die Straße gehen und Leute stalken. Die allerschlimmsten sind in Paris, Rom und Madrid. London ist auch voll von ihnen, aber die sind die Faulsten von allen. Du brauchst nur einen unauffälligen Gesichtsausdruck aufzusetzen, und sie verpassen dich, obwohl du direkt an ihnen vorbeigehst. Die wollen nur wissen, wann sie im nächsten Pub eine Bierpause einlegen können.“ (Zitat KURIER v. 7.4.2024).
Was die Hollywood-Berühmtheit wohl aus eigener Erfahrung anspricht, trifft’s ziemlich genau. Klammern wir in Österreich mal das dreiste Paparazzitum aufgrund einer kaum vorhandenen echten Promidichte aus, wirklich aufdringlicher Fotojournalismus findet hierzulande eigentlich selten statt. Selbst wenn wirkliche Celebrities in Österreich verweilen, agieren seriöse Berufsfotografen im „Kampf“ um das beste Promi-Bild – vielleicht bis auf den Opernball – zwar direkt, trotzdem mit Höflichkeit und angemessener Distanz.
Also ich für meinen Teil mach das so, weil das einfach ein „ghört sich“ ist. Ich muss meinem prominenten Gegenüber – und das waren in meinen ersten zehn Jahren als Berufsfotograf schon einige – mit meiner Kameralinse nicht bis auf die Unterwäsche – außer es wird gewünscht 😉 – auf den Leib rücken. Denn, und so keck bin ich jetzt mal, wer fotografieren kann und das Equipment beherrscht, kann auch mit Abstand einzigartige Bilder schießen. Priscilla Presley etwa, als sehr fotoscheu bekannt, war von meiner zurückhaltenden Art zu fotografieren und den trotzdem „sensational pics“ derart angetan, dass ich sie bereits mehrmals exklusiv fotografieren und auch ihre blitzblaue Iris ablichten durfte.
Es braucht wieder fixe Standards
Ein Gspür fürs Gegenüber rechnet sich und gehört aus meiner Sicht nicht bloß zum Geschäft dazu. Ich glaub, es ist neben dem Beherrschen der Technik und ausreichend Phantasie für das Endprodukt sogar eines der wichtigsten Assets eines Berufsfotografen. Damit bin ich jetzt wieder bei Russell Crowe und jenen, die – vorrangig mit dem Handy – eben nur Fotograf spielen, ohne auch nur ansatzweise eine Ahnung vom Foto-Handwerk zu haben. Und damit dem echten Fotografen, der den Beruf von der Pike auf erlernt, laufend in Aus- und Weiterbildung und teures Equipment investiert und Seriosität, Transparenz und Qualitätsorientierung als Verpflichtung dem Kunden gegenüber betrachtet, das Geschäft abgräbt.
Nur ist dieses Problem hausgemacht, denn Fotograf kann heute, wenn man eine Kamera oder Handy nur halten kann, in Österreich jeder sein. Weil man irgendwann die grandiose Idee hatte, aus einem verpflichtend zu erlernenden ein freies Gewerbe zu machen. Das einen kleinen und dennoch großen Preis hat. Denn vielen Kunden reicht, ob der (logischen) Preisdifferenzen zur Profifotografie die Qualität der Smartphone-Fotos völlig, was die Handyfotografiekonkurrenz längst inflationär werden ließ. Und jetzt, mit KI-generiertem Bildmaterial und Avataren knabbert bereits der nächste „Hinz & Kunz Fotograf“ am immer kleiner werdenden Kuchen und damit am Fortbestand eines traditionellen Berufsstandes. Der, wenn nicht rasch wieder fixe Standards in der Ausbildung sowie in der Ausübung als reglementiertes Gewerbe verpflichtend sind, um mit Russell Crowe zu enden, letztlich nur mehr einer von viel zu vielen Paparazzi sein wird. Möchte man das wirklich?