So sah der Flughafen Wien im Jahr 1954 aus

Vom Playmobil-Airport zum Weltflughafen

Zwischen der Gründung 1938 des Militärflugplatzes der deutschen Luftwaffe am Standort Schwechat, der sieben Jahre später erfolgten Gründung der Wiener Flughafenbetriebsgesellschaft m.b.H und letztlich der Umwandlung in einen zivilen Verkehrsflughafen 1954 liegen mit einem Weltkrieg und Jahren des Wiederaufbaus dunkle Zeiten. Heute, 70 Jahre, zahlreiche Um-, Ausbau-, Entwicklungs- und Modernisierungsphasen sowie eine Pandemie später, ist der längst börsennotierte und mit dem Vier-Sterne Skytrax Prädikat zertifizierte VIE nicht nur zu einem wichtigen wirtschafts- und verkehrspolitischen HUB in Zentraleuropa, sondern auch zu einem Vorzeigebetrieb in Sachen Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit sowie begehrter Arbeitsplatz für tausende Menschen in der Region geworden. Auch für mich war der Flughafen Wien während meiner Jahre bei Austrian Airlines mehr als nur mein berufliches Zuhause.

Als ich 1980, gerade mal 20 Jahre jung, als Rookie bei der AUA im Frachtbereich begann, wusste ich vom Flughafen Wien gerade mal die Adresse. Denn geflogen bin ich bis zu diesem Zeitpunkt lediglich zweimal. Einmal als Gewinnerin eines Schüler-Schreibwettbewerbs, der mit einem Rundflug über Österreich belohnt wurde und mir somit 1976 meinen ersten Flug überhaupt bescherte. Beides – mein prämierter Aufsatz und eben dieser erste Flug mit einer rot-weiß-roten DC-9 – dürfen durchaus als richtungsweisend für meine spätere berufliche Laufbahn betrachtet werden. Auch wenn mir das damals natürlich nicht mal ansatzweise bewusst war.

Mein zweiter Flug führte mich bereits nach Tunesien und damit quasi in die weite Welt. Was sich für meine Eltern und mich und wohl auch für die 200 anderen Passagiere dieses AAT-Charterfluges genauso anfühlte. Ob meines bereits absolvierten Rundflugs kam ich mir der breiten Masse ziemlich überlegen und Airport- und flugerfahren vor. Was natürlich nur von mir so gefühlt und damit völliger Blödsinn war. Dabei musste man gar nicht viel wissen, denn der Flughafen von damals hat mit dem heutigen bis auf den Namen nichts mehr gemein. Beim Betreten der Abflugshalle stand man eigentlich schon in der langen Schlange, das Check-in erfolgte händisch und bis wir an der Reihe waren, hatte mein Vater bereits mehr als die Hälfte seiner Hobby-Zigaretten Packung vertschickt.

Platte Nasen, tote Hosen und späte Füchse

Ja, rauchen war noch allerorts möglich, essen und trinken hingegen nicht. Weil die paar Tschocherln am Flughafen – allen voran der legendäre Tscherwenka in der nicht minder legendären kleinen Ankuftshalle mit ihren Glasfronten, an der sich die abholende Menge mit Blick auf die Gepäcksbänder eng aneinandergedrängte und wild winkend die Nase beim Warten auf die Liebsten plattdrückte – folgten mit ihren Öffnungszeiten nämlich den gängigen Sperrstundenregelungen. Was bedeutet, dass vor sieben Uhr früh und nach acht Uhr abends am Flughafen gastronomisch tote Hose herrschte – auch im Transit, und auch der Duty-Free ließ das Rollo runter.

Als dann Mitte der 1980er Jahre der alte Ankunftsbereich erweitert und modernisiert wurde, waren damit zwar die Glasfronten und die sich davor aufgeregt drängenden Angehörigen sowie der alteingesessene Tscherwenka Geschichte, dafür gab es aber endlich ein für das damalige Verkehrsaufkommen passables Gastro-Angebot. So wurde das Café Wien im neuen Ankunftsbereich rasch zu einem beliebten Warte- und Treffpunkt – gerade für den arbeitenden Spätdienst. Aber auch in der Abflugshalle, im Transit und im Duty-Free sagten sich die Füchse nicht schon am frühen Abend gute Nacht.

Moderne Kleinstadt Flughafen Wien

Bei der AUA erfolgte in diesen Jahren mit dem Airbus A310 der Flug in die Langstrecke, wir als Cargo-staff waren ob dieser Erweiterung mächtig stolz und nun klebten wir bei jedem Abflug unseres rot-weiß-roten Aushängeschilds mit Blick auf die „Platte“ (Vorfeld) an den Scheiben unseres Frachtabfertigungsbüros. Wo sich mit dem Bau des Pier Ost – das Pier West sollte acht Jahre später folgen – auch Großes tat. Und als dann ab 1988 unser 310er aus New York kommend oder andere Airlines ihre Maschinen am neuen Pier andockten, wollte wir alle nur noch Dienst auf der Rampe versehen. Egal bei welchem Wetter, denn endlich war Wien kein Playmobil-Airport mehr, sondern spielte im internationalen Verkehr eine immer größere Rolle.

Bis zu meinem Ausscheiden bei Austrian Airlines und meiner Veränderung in Richtung touristischem Fachjournalismus im Jahr 1994 gab der VIE mit dem Ausbau weiter richtig Gas und tut dies bis heute.

Die Terminals entsprechen modernsten Standards, in den Ladenzeilen sind längst die renommiertesten Lables vertreten und gastronomisch spielt man mit dem Taste of Austria, Starkoch Wolfgang Puck und heimischen Traditionsunternehmen sowieso und nahezu rund die Uhr alle Stückerln. An das einstige „Skandalobjekt“ namens „Skylink“ – die neue Terminalerweiterung, die auch den alten Ankunftsbereich miteinbezog und nach sechsjähriger Bauzeit letztlich als T3 und heutiger Austrian Star Alliance Terminal in Betrieb ging – hat man sich mittlerweile gewöhnt bzw. gewöhnen müssen.

Und über all dem, über dem Airport-Bahnhof, dem Air Cargo Center, dem Office Park 3 und 4, dem VIP-GAC, wo staatstragende und andere honorige Persönlichkeiten an- und abreisen, bis zu den riesigen Wartungshangars – also über der gesamten Kleinstadt Flughafen Wien – wacht Europas höchster und weltweit vierthöchster ATC-Tower. Der uralte aus den 1950er Jahren steht nach wie vor als Zeitzeuge an seinem Platz. Jener, der mein Bild des Flughafen Wien von meinem ersten Rundflug 1976 über 15 AUA-Jahre und später, während meiner zahlreichen beruflichen Reisen prägte, wurde nach Inbetriebnahme des neuen 109 Meter Riesen abgerissen.

Der Flughafen Wien ist aber noch lange nicht am Ende seiner Ausbaupläne, weil ein Airport schlicht nie fertig gebaut sein kann. Aber egal, in welch lichte Höhen der VIE auch wachsen wird, ob es irgendwann eine dritte oder gar vierte Piste geben und wohin sich die Luftfahrt generell entwickeln wird, das Bild der an vor erwartungsvoller Freude an den Scheiben klebenden wartenden Menschen in der alten Abflugshalle sind für mich Sinnbild und untrennbar mit meiner Flughafen-Welt verbunden. 

Meilensteine

1938 – Gründung eines Militärflugplatzes der deutschen Luftwaffe am Standort Schwechat

1945 – Nach Ende des zweiten Weltkrieges Übernahme durch die britischen Besatzungstruppen, Betrieb als Royal Air Force Station Schwechat (RAF Schwechat)

1946 – Landung einer Dakota der „British European Airways“ als erste Zivilmaschine

1953 – Gründung der Wiener Flughafenbetriebsgesellschaft m.b.H.

1954 – Aufnahme des zivilen Luftverkehrs als erster privat verwalteter Flughafen Österreichs; das Passagieraufkommen lag im ersten vollen Betriebsjahr bei 64.211 Fluggästen

1957 – Gründung der Austrian Airlines AG (AUA)

1958 – mit dem Erstflug nach London nahm die AUA ihren Linienverkehr auf

1959 – Verlängerung der damaligen Piste 12/30 (heute 11/29)

1960 – Eröffnung des neuen Abfertigungsgebäudes

1969 – erste Landung des Überschall-Passagierflugzeuges Concorde

1977 – Inbetriebnahme der zweiten Piste (16/34)

1985 – ein Terroranschlag fordert zwei Todesopfer und mehr als 30 Verletzte

1988 – Inbetriebnahme des Pier Ost

1989 – mit dem Fall der Berliner Mauer und der zunehmenden Ansiedlung von Unternehmen in den ehemaligen Ostblockländern entwickelte sich der Flughafen Wien immer mehr zum führenden Drehkreuz in Osteuropa

1992 – der Flughafen Wien notiert an der Börse, steigert kontinuierlich seinen Unternehmenswert und liegt heute mit einer Marktkapitalisierung von rd. 4,2 Mrd. Euro nur noch knapp hinter dem fast doppelt so großen Flughafen Frankfurt (4,7 Mrd. Euro)

1996 – Inbetriebnahme des Pier West

2003 – der City Airport Train (CAT) verbindet die Wiener City mit dem Flughafen

2005 – der 109 Meter hohe und damit höchste ATC-Tower Europas nimmt seinen Betrieb auf

2006 – das neue VIP- und General Aviation-Terminal (GAC) wird eröffnet

2012 – Inbetriebnahme des Terminal 3 = Austrian Star Alliance Terminal

2019 – 31,7 Mio. abgefertigte Passagiere bedeuten bis heute Rekord

2020 – Inbetriebnahme des neuen Office Park 4

2020/2021 – durch die Corona-Pandemie sinken die Passagierzahlen auf 7,8 bzw. 10,4 Mio.

2022 – die Passagierzahlen nähern sich mit rd. 24,4 Mio. abgefertigten Fluggästen wieder dem Vor-Krisen-Niveau an

2023 – die größten PV-Anlagen Österreichs gehen in Betrieb und ermöglichen dem VIE als einem der ersten europäischen Airports einen CO2-neutralen Betrieb

2024 – 60 Fluglinien bedienen ab Wien mehr als 190 Destinationen in 67 Ländern direkt

2027 – geplante Inbetriebnahme der aktuell in Bau befindlichen Süderweiterung des T3

Aktuell sind am Standort Flughafen mehr als 22.000 Menschen in mehr als 250 Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen beschäftigt. Allein 2023 erfolgten mehr als 20 neue Betriebsansiedlungen mit Arbeitsplätzen für rund 700 zusätzliche Beschäftigte. Bei der Flughafen Wien AG arbeiten derzeit rd. 5.000 Personen, lt. einer Studie des renommierten Randstand-Instituts gilt der Flughafen Wien als beliebtester Arbeitgeber in der Ostregion.

Eigentümer des Flughafen Wien sind zu jeweils 20% die Bundesländer Wien und Niederösterreich und zu 43,4% der Investmentfond IFM Europe, weitere 10% der Anteile werden von der Mitarbeiterstiftung gehalten, 6,6% der Aktienanteile befinden sich im Streubesitz. Zudem hält die Flughafen Wien AG aktuell Anteile an den Flughäfen Malta und Kosice, die sich in den vergangenen Jahren zu sehr profitablen Beteiligungen entwickelt haben.

Quelle: viennaairport.com
Headerbild: © Flughafen Wien

So sah der Flughafen Wien im Jahr 1954 aus

So sah der Flughafen Wien im Jahr 1954 aus | © Flughafen Wien

So sah der Flughafen 2020 in der Corona Pandemie aus | © Chaluk

So sah der Flughafen 2020 in der Corona Pandemie aus | © Chaluk

So sah der Flughafen 2020 in der Corona Pandemie aus | © Chaluk

Start typing and press Enter to search

Shopping Cart